Wenn Träume laufen lernen
Ravensburg - Schon vor dem Theater Ravensburg herrschte fröhliches Treiben. Eine bunte Mischung von Kindern und Jugendlichen begrüßte die Besucher: "Wir spielen gleich Theater", erzählten zwei Mädchen ganz aufgeregt und setzten sich dabei lachend Hasenohren auf, während eine Gruppe Jungen lautstark noch ihre Texte probte. Am Eingang zum Theater drängte sich ein vielsprachiges internationales Publikum: Eltern, Geschwister, Großeltern, Mitschüler, Lehrer, Vertreter der Kinderstiftung Ravensburg, Ehrenamtliche und viele andere Gäste waren gekommen, um fünf Theaterstücke zu sehen, die 81 Schüler mit Fluchthintergrund aus vier Ravensburger und Weingartener Schulen an diesem Nachmittag zur Aufführung brachten.
Das von der Kinderstiftung Ravensburg in den Jahren 2017 und 2018 in Kooperation mit dem Theater Ravensburg durchgeführte Theaterprojekt "Wenn Träume laufen lernen - Kinder und Jugendliche mit Fluchthintergrund setzen ihre Träume in Szene" stelle die Lebensumstände, Sehnsüchte und Träume der Schauspieljunioren in den Mittelpunkt", sagte Ulrike Schreiner-Luik von der Kinderstiftung Ravensburg in ihrer Begrüßung. Ein Jahr lang haben die drei Theaterpädagogen Jutta Klawuhn, Alex Niess und Tobias Bernhardt vom Theaterpädagogischen Zentrum einmal pro Woche mit Schülergruppen aus Integrations- und Vorbereitungsklassen in der Gemeinschaftsschule Kuppelnau und im Welfengymnasium in Ravensburg sowie in der Talschule und der Schule am Martinsberg in Weingarten Theater gespielt. Tatkräftig unterstützt wurden sie dabei von den engagierten Lehrerinnen und Lehrern Susanne Bendel (Kuppelnau), Angela Diangoné (Welfen), Irina Wöhler (Talschule) sowie Leonard Kühn und Driton Morina (Schule am Martinsberg). Nicht nur die Sprach-, Ausdrucks- und Dialogfähigkeit der jungen Menschen seien durch das Theaterspiel verbessert und gestärkt worden, auch deren Selbstbewusstsein und Zusammengehörigkeitsgefühl, betonte Ulrike Schreiner-Luik. Das Theaterprojekt wird finanziert durch die Kinderstiftung Ravensburg mit Unterstützung vom Bundesministerium für Familie, Senioren und Sport im Rahmen des Bundesprogramms "Demokratie leben!" der Städte Ravensburg und Weingarten sowie den Old Tablers 37 Ravensburg.
Dass das gemeinsame Theaterspiel den jungen Akteuren großen Spaß gemacht hat, war in allen Aufführungen unschwer zu erkennen. Jede Gruppe habe sich unter fachkundiger Anleitung letztlich eine eigene Theaterperformance erarbeitet, berichteten die Theaterpädagogen. Das Stück der Schüler aus der Talschule Weingarten beispielsweise habe bis vor kurzem noch keinen Namen gehabt, da es aus verschiedenen Texten, Improvisationen und Impulsen heraus entstanden sei, berichtete Tobias Bernhardt. Als es dann hieß: "Eins, zwei drei - Bühne frei!", zeigten die jungen Akteure aus allen vier Schulen großes Szenenengagement und eine erfrischende Spielfreude. "Die haben als gemeinsame Sprache die Theatersprache gefunden", sagte eine Zuschauerin begeistert, als auf der Bühne viele, ganz unterschiedliche Szenen lebendig wurden: Sie erzählten vom alltäglichen Leben mit Schwierigkeiten und Glücksmomenten, von Erlebnissen und Erfahrungen mit einer "Kummerdose" oder auch wie es durch eine Geburtstagsfeier gelang "meinem Papa die Angst vor dem Fremden zu nehmen". Kleine Hasen, Füchse und Bären klopften auf der Bühne bei "Wanja in der Nacht" an die Tür und fanden bei ihm Unterschlupf. Die gemeinsame Erkenntnis, dass Vielfalt und Toleranz das Miteinander bereichern, brachte dann die Abschlussgruppe zum Ausdruck, die das Thema Ausgrenzung inszenierte. "Ich bin anders, wir sind anders, ihr seid anders. Ende!", so ihr Appell. Jungschauspieler, Theaterpädagogen und Lehrer wurden beim Bühnenfinale mit lang anhaltendem Beifall von den Zuschauern belohnt.